LANVIN – THE WOMAN WHO BUILT AN EMPIRE

<tc>LANVIN – DIE FRAU, DAS EMPIRE </tc>

Lanvin steht für eines der ältesten Haute Couture- und Modehäuser Frankreichs. Einige andere heutige Luxusmarken, sind vielleicht etwas älter, aber diese haben ihren Fokus erst später auf Ready-to-Wear verschoben.
Jeanne-Marie Lanvin, mit einem Geschäftssinn der ihr ein Imperium verschaffte, war mutig genug, um modische ewige Schönheit zu schaffen. Jeanne Lanvin wurde in eine einfache bürgerliche Familie geboren und war als Tochter eines Journalisten das Älteste von elf Kindern.
Ein Berufseinstieg mit 16 Jahren als Lehrling in einem Hutgeschäft in Paris war der Beginn ihrer Karriere. Sechs Jahre später, 1889, beendete sie ihre Lehre und eröffnete ihr erstes eigenes Geschäft. Weitere vier Jahre vergingen, bis sie 1893 ein Geschäft in der Rue du Faubourg Saint-Honoré Nr. 22 unter ihrem eigenen Namen eröffnete: Lanvin (Mademoiselle Jeanne) Modes.
1895 heiratete sie einen italienischen Grafen: Emilio di Pietro. Zwei Jahren später brachte sie 1897 ihre Tochter und Muse Marguerite (oft Marie-Blanche gerufen) zur Welt.
Ihr einziges Kind wurde mit einer verschwenderischen und extravaganten Garderobe ausgestattet, die von ihrer Mutter Jeanne selbst entworfen und angefertigt wurden. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ihre modischen und wohlhabenden Freundinnen, die auch Mütter waren, auf die Designs aufmerksam wurden und sich dieselben für ihre eigenen Töchter wünschten. Die Nachfrage führte bald dazu, dass Lanvin nicht nur Hüte sondern auch Kinderbekleidung anbot.
Später, 1903, erfolgte die Scheidung von Graf Emilio, gefolgt von einer zweiten Eheschließung 1907 mit dem Franzosen Xavier Melet.
Bereits ein Jahr später eröffnete sie offiziell eine Abteilung für Kinderkleidung. Innerhalb eines Jahres war die Nachfrage nach Kinderbekleidung höher als die nach Hüten. Noch im selben Jahr folgte der Entschluss eine Abteilung für Damenmode zu eröffnen. Jetzt konnten Mütter und Töchter zusammen Outfits kaufen, die aufeinander abgestimmt waren. Das Angebot umfasste Tages- und Abendkleider sowie Mäntel und Dessous. Alles ein großer Erfolg.
Dann, 1909, wurde Lanvin die Ehre zuteil, Mitglied der Chambre Syndicale de la Couture zu werden und somit offiziell eine Couture-Maison. Mit dieser Ehrung wechselte sie auch offiziell ihren Beruf von Hutmacherin zu Designerin. Im Jahr 1913, wurde das Angebot um eine Pelzkollektion erweitert.
Dann, 1915 begann Lanvin, ihre Entwürfe auf einer internationalen Bühne zu präsentieren. Beginnend mit der San Francisco International Exposition folgte zehn Jahre später die Paris International Exhibition of Decorative Arts, dann 1937 die Exposition of Art and Technology in Modern Life, 1939 die Golden Gate International Exposition und schließlich 1945 das Théâtre de la Mode.
Das globale Modeimperium der geschäftstüchtigen Designerin entwickelte sich weiter. Armand-Albert Rateau, ein angesehener, aber junger Architekt und Dekorateur trat 1920 in ihr Leben. Im selben Jahr schufen sie gemeinsam einen Pavillon mit dem Schwerpunkt Wohnkunst – gefüllt mit Möbeln, Gardinen, Tapeten und vielem Mehr für das moderne Wohnen – im Art Déco-Stil.
Als Unternehmen, das für die Verwendung kräftiger Farben bekannt war, wurde folgerichtig 1923 eine eigene Färberei gegründet – eine passende vertikale Integration. 1923 erweiterte sie ihr Angebot auch noch um eine Sportkollektion, darunter Skianzüge, Bademode, Golf- und Tennisbekleidung.
Was fehlte, um eine vollwertige Lifestyle-Marke zu werden und sich der Zeit anzupassen, war ein Duft. So plante sie 1924 die Erweiterung ihrer Produktpalette und brachte 1925 ihr erstes Parfum auf den Markt.
Jetzt, da sie alles abdeckte, was Frau oder Kind brauchen könnte, erschloss sie sich einen weiteren Markt: Männermode. 1926 hatte diese Linie ihr Debüt und machte sie zum ersten Geschäft in ganz Paris, dass beides: Herren- und Damenmode führte.
Jeanne Lanvin war weitere zwanzig Jahre erfolgreich im Geschäft und verstarb am 6. Juli 1946. Ihre Tochter trat in ihre Fußstapfen und wurde Präsidentin des Unternehmens und entwarf bis 1950 die Kollektionen.
Nach dem Tod Marguerites 1958 ging die Maison an einen Cousin – Yves Lanvin. Er wurde 1980 durch seinen Sohn Bernard Lanvin ersetzt, der mit dem Verkauf der Maison begann. 1984 ging ein Teil des Unternehmens an die Midland Bank und mit diesem Schritt wurde auch seine Frau Maryll Lanvin als Designerin ersetzt. Zum ersten Mal übernahm ein Nicht-Familienmitglied die kreative Herrschaft: Claude Montana.
Im Verlauf des Jahres 1989 übernahm die Midland Bank 95 % des Unternehmens, um es 1990 an Orcofi S.A. – eine von den Vuittons kontrollierte Familienholding – zu verkaufen. In dieser Zeit verlor sich auch Teile der Popularität von Lanvin – so wurde 1993 die Couture Sparte des Hauses geschlossen. Die Turbulenzen im Haus Lanvin waren nicht vorbei: L'Oréal kaufte die Beteiligung stückweise auf, bis 1996 95 % der Maison übertragen waren. Nur fünf Jahre später wurde das Unternehmen wieder privatisiert und zwar von Shaw-Lan Wang – einem taiwanesischen Medienmagnaten. Dieser strategische Schritt brachte den Glanz vergangener Tage zurück, durch die Ernennung Alber Elbaz zum Creative Director von Lanvin. Er übernahm alle kreativen Aspekte von Lanvin und machte es wieder zu einem Mode-Giganten.
2006 führte Elbaz eine neue Verpackung ein, in dem bis heute bekannten und geliebten hellen Vergissmeinnicht-blau. 2008 arbeitete die Marke mit der damals auf Jeans fokussierten Marke Acne zusammen. Es trafen zwei Expertisen aufeinander und es wurden die Merkmale Lanvins in einem unerwarteten Material interpretiert. Als vorwärtsgewandter Kreativer kollaborierte Elbaz dann 2010 mit H&M für eine Kollektion. Die Kollektion war voller unverkennbarer Lanvin unter Elbaz Designs - zu einem erschwinglichen Preis.
In dieser Zeit war die Zusammenarbeit mit umsatzstarken Partnern ein kluger Schachzug, nicht nur um eine Marke wieder zu beleben, sondern auch um die Bekanntheit einer Marke zu steigern. Ein mutiger und risikoreicher Schritt der französische Traditionsmarke, der sich auszahlte.
2015 verließ Elbaz die Marke, Berichten zufolge sah er das immer schneller werdende Modekarusell kritisch. Sein Platz wurde von Bouchra Jarrar eingenommen, gefolt von einem erneuten Wechsel 2017. Auch ihre beiden Nachfolger hielten sich nur für ein Jahr: Oliver Lapidus und Estrella Archs.
Im Zeitraum der schnell wechselnden kreativen Leitung fand auch ein weiterer Besitzerwechsel statt. Lanvin wurde im Februar 2018 erneut verkauft, diesmal an einen in Shanghai ansässigen Mischkonzern: Fosun International.
Seit 2019 und bis heute ist Bruno Sialelli der jüngste Kreativdirektor der Marke. Lanvin ist unter seiner Führung wieder eine Marke für junge Frauen, die sich auf Mode, Glamour und Lebensfreude konzentrieren. Mittlerweile ist die Marke in mehr als 50 Ländern und Regionen weltweit präsent.
DER STIL 
Lanvin steht für kräftige Farben und innovative Designs. Die Gründerin der Marke, die nie eine formale Ausbildung hatte, war dafür bekannt perfekte Kleidungsstücke zu entwickeln.
Das bedeutete, dass die Designs nicht zuerst gezeichnet wurden, sondern direkt mit dem Material drapiert wurden, um wahre Meisterwerk zu erschaffen. Sie arbeitet mit übereinandergelegten Schnitten oder Parallelnähten und machte sich so einen Namen für ihre Handwerkskunst. Verarbeitet wurden fließende Materialien wie Chiffon, Tüll oder Organza, aber auch Satin, Taft oder Spitze. Lamé genauso wie Brokat oder Samt – alles, was luxuriös aussah und sich auch so anfühlte.
Auch gab es typische Farben für die Maison. Markenzeichen waren das „Polignac-Pink“ und „Lanvin-Blau“. Letzteres spiegelt sich bis heute in der Verpackung wider. Sie hat nicht nur die Modebranche, sondern auch die Art und Weise, wie Details an Kleidern gestaltet wurde innoviert – von komplizierten Details bis hin zu Stickereien. Margeriten waren eine ihrer bevorzugten Dekorationen, eine Anspielung auf ihre geliebte Tochter Marguerite.
Neben der Verpackung erinnert auch das Logo der Marke an die Gründerin. Als Traditionsmarke haben sie nie die Ikonografie von Mutter und Tochter verändert. Es basiert auf einem Foto der Frauen, aufgenommen 1907 beim Besuch eines Balles - natürlich in zusammenpassenden Roben. Dies zu Ehren ihrer geliebten Tochter, entworfen von Paul Iribe, für ihr berühmtes Parfüm Arpège.
Jeanne Lanvins Suche nach Schönheit spiegelte sich auch in ihrem Freundeskreis wider, der aus Künstlern bestand. Ihre Liebe zur Kunst schuf ein selten zu findendes Erbe, mit klaren Einflüssen auf ihre Designs. Sie sammelte Bilder von Künstlern wie Degas, Renoir oder Fragonard und ließ sich von der impressionistischen Kunstbewegung inspirieren.
In den 1920er und frühen 30er Jahren war Lanvin besonders beliebt, vor allem bei den Bright Young Things und zukunftsorientierten jungen Frauen. Der Trend klarer Linien, bunter Farben mit einfachen Schnitten und einem Fokus auf Dekorationen passte perfekt zur Marke und zu Jeannes Designexpertise. Aber ihr Hauptaugenmerk lag nie auf den minimalistischeren und cleaneren Designs ihrer Zeitgenossen – es war romantischer und verspielter. Sie war nicht auf einen bestimmten Stil festzulegen. So war die Robe de Style ein häufig gesehenes Design und wurde im Frühjahr/Sommer 2021 von Sialelli neu interpretiert.
Die Robe de Style zeichnet sich durch eine tiefsitzende Taille und einen bauschigen Rock aus. Es war in dieser Zeit untypisch eine große Auswahl an Stilen in einer Kollektion anzubieten. Es war außerdem ungewöhnlich ein breites Spektrum von Kunden mit unterschiedlichen Körpertypen zu bedienen.
Die Frau war nicht nur ein Genie im Business und Design, sondern auch eine eigenständige Innovatorin. Sie war die Erste ihrer Zunft, die Lamé verwendete, sowie eine High-Fashion Linie für Kinder auf den Markt brachte. Darüber hinaus stellte sie eine maßgefertigte Kollektion für Männer vor und kreierte ein Eau de Toilette. Und zu guter Letzt war sie die erste Designerin, die über 200 Looks in jeder ihrer jährlichen vier Kollektion vorgestellt hat.
Eine der wichtigsten Designsprachen für Lanvin ist Einfachheit: Früh hat sie mit verschiedenen Materialien gearbeitet. Vielleicht ein Einfluss aus der Hutmacherei die sie mit allen Materialien vertraut machte.
Die Ursprünge im direkten Drapieren erkennt man noch heute. Insbesondere an einem, wenn nicht dem berühmtesten Nachfolger und kreativen Genie von Lanvin: Albert Elbaz. Unter seiner kreativen Leitung erreichte die Marke lange vergangene Popularität und wurde zu einer der begehrtesten Maisons der Welt.
Er arbeitete direkt mit den Materialeigenschaften und Merkmalen, offene Reißverschlüsse und Nähte waren seine Markenzeichen alles konzentrierte sich darauf, dass die Frau im Mittelpunkt steht, sich selbstbewusst und elegant fühlt.
Die Designs seiner Zeit waren opulent und kunstvoll und vermittelten gleichzeitig die Illusion, aus einem leichten, kunstvoll drapierten Stück Stoff zu bestehen. Wie bei den Kreationen unter Jeanne Lanvin verwendete er für seine Kreationen satte Juwelentöne.
Der neueste Einfluss auf die Marke ist der Stil von Bruno Sialelli. Er ließ die drapierten und weichen Formen hinter sich und fokussierte sich eher auf strukturiertere Kleidungsstücke. Trotzdem bleibt die Marke lebendig in Farbe und mit fließenden Materialien. Die Leichtigkeit generiert er mit Federn, Seide und Pelzen, sodass die Trägerinnen der Marke wirken als würden sie schweben. Während die Materialien weich und leicht sind, werden die funkelnden Stickereien und Accessoires immer im Mittelpunkt stehen, egal zu welchem Anlass.
Was er derzeit kreiert, ist die perfekte Mode für das Revival der Goldenen 20er – es hat seine Vorteile, sich von einer mehr als hundertjährigen Geschichte inspirieren zu lassen und in den eigenen Archiven nach einem Revival suchen zu können - jeder Trend, jede Ära, jeder soziale Wandel und jede Änderung im Mindset der Konsumenten kann bedient werden.
Dazu kommen viele neue Kooperationen. Ob Lanvin x Gallery Dept. oder Lanvin mit Judith Leiber – das Modehaus macht es wie viele Luxusmarken. So rüstet sich auch Lanvin für die Zukunft. Als eine der wenigen Marken, die nicht nur ihren Stil, sondern auch ihr Geschäftsmodell anpassen konnten, blieben und bleiben sie relevant und im Geschäft.
Nie zu gierig und mehr auf ein stabiles, gesundes und kontinuierliches Geschäft fokussiert haben sie ein schnelles Wachstums- und Cash-out-Modell trotz vieler Besitzerwechsel ausgeschlossen.
Nach all dem dürfte die Franchise Maison, bekannt für hochwertige Kleidung, Glamour, Opulenz und Fashionability, eine sein, die uns noch weitere 100 Jahre begleiten kann.